Warum 28mm, 35mm und 50mm meine Lieblingsbrennweiten sind

In meinem Podcast behandle ich sehr oft solche Themen, die mich zum jeweiligen Zeitpunkt der Aufnahme auch in meiner eignen Fotografie sehr beschäftigen. Dort hatte ich auch in mehreren Folgen unterschiedliche Brennweiten besprochen und um ehrlich zu sein - dieses Thema lässt mich einfach nicht mehr los!

In diesem Blog-Artikel möchte ich Dir meine drei Lieblingsbrennweiten 28mm, 35mm und 50mm vorstellen und Dir erklären, warum ich wann welche dieser Brennweiten einsetze.

Hinweis: Die hier angegebenen Brennweiten sind prinzipiell auf KB-äquivalent umgerechnet. Lediglich die technischen Bezeichnungen vorgestellter Objektive wurden natürlich im Original belassen. Da ich mit Fujifilm fotografiere, ist so z.B. das XF 23 1.4 durch den Cropfaktor 1.5 als ein 35mm Objektiv zu sehen.

 

Technische Definition der Brennweite

Rein technisch gesehen definiert die Brennweite den Abstand zwischen einer Linse und dem Brennpunkt und wird in Millimetern gemessen. Hierzu kann entweder ein Objektiv mit fixer Brennweite, z.B. das XF 23 1.4, oder ein Zoomobjektiv mit einem einstellbaren Brennweitenbereich, z.B. das XF 18-55 2.8-4.0, genutzt werden.

Durch die Wahl der Brennweite wird in der Fotografie der sog. Bildausschnitt festgelegt. Bei kleineren Brennweiten, also z.B. 24mm, ist dieser recht groß. Je größer die Brennweite, desto kleiner wird der Bildausschnitt. Es verhält sich hierbei also genau gegenläufig.

Bezogen auf ein späteres Foto und dessen Aussage ist das aber ehrlich gesagt nur die halbe Wahrheit. Denn mit der Wahl der Brennweite wird ein noch viel größerer Faktor in der Fotografie bestimmt: die sog "Bildwirkung". 

Ein Porträt meiner Frau während einem Spaziergang, aufgenommen mit der Fujifilm X100V und dem Weitwinkelkonverter (28mm äquivalent)
Ein Porträt meiner Frau während einem Spaziergang, aufgenommen mit der Fujifilm X100V und dem Weitwinkelkonverter (28mm äquivalent)

Die Bildwirkung

Der Betrachter eines Fotos nimmt unweigerlich den urspünglichen Standpunkt des Fotografen bzw. der Kamera ein.
Nehmen wir zur Verdeutlichung eimmal folgendes Beispiel an: 
Wir fotografieren ein Portrait mit den zwei verschiedenen Brennweiten 35mm und 200mm jeweils so, dass die Person auf beiden Fotos genau vom Kopf bis zur Taille abgebildet ist. Hierfür muss der Fotograf natürlich einen unterschiedlichen Abstand zum Model wählen: bei 35mm sehr nah, bei 200mm sehr weit weg. Und genau das kann eben der spätere Bildbetrachter nachempfinden und fühlen.
Wärend das Portrait mit 35mm Nähe, Intimität und Dynamik vermittelt, wirkt das Bild mit 200 eher distanzierter, beschreibender und statisch.
Sicher: manchmal kann man für ein Foto mit dem sog. "Fußzoom" einfach nicht näher an das Motiv heran. Dann muss man eine längere Brennweite nutzen, auch wenn man es eigentlich nicht will. Kann man aber selbst die Entscheidung der Brennweite treffen, sollte man sich bei der Wahl auch immer über die jeweilige Bildwirkung bewusst sein.

28-50mm im Kontext

Wenn man sich einmal den meist verwendeten Brennweitenbereich von 16-200 mm anschaut, siedelt sich mein Lieblingsbereich von 28 bis 50mm relativ weit unten an. Hierbei muss man allerdings bedenken, dass 1mm Unterschied der Brennweite aus physikalischen und mathematischen Gründen im Weitwinkel-Bereich viel mehr ausmacht als im Tele-Bereich.

28 - 50mm decken also -  relativ gesehen - einen größeren Bildwinkel-Bereich ab, als es z.B. 135 - 157mm tun.

Schneelandschaft mit wunderschönem Unschärfeverlauf, aufgenommen mit der Leica Q2 und dem fest verbauten Summilux 28mm f1.7
Schneelandschaft mit wunderschönem Unschärfeverlauf, aufgenommen mit der Leica Q2 und dem fest verbauten Summilux 28mm f1.7

28mm - und warum ich selten weniger benutze

Mit 28mm befinde ich mich in einer Art Zwischenwelt: während 24mm als DIE klassiche Weitwinkelbrennweite betitelt werden, sind 35mm eher als leichte Weitwinkelbrennweite zu sehen. 24mmsind mir persönlich jedoch oft einfach zu weit, v.a. bezogen auf die dann schon deutlich zu merkenden Verzerrungen und stürzenden Linien. 28mm sind für mich der Punkt, an dem ich einerseits sehr viel der Umgebung zeigen kann, andererseits aber trotzdem noch Menschen aus relativ kurzer Entferung mit einigermaßen gutem Gefühl fotografiere. In Innenräumen ermöglicht die Brennweite deutlich mehr Flexibilität als 35 oder gar 50mm und der spätere Bildbetrachter hat das Gefühl, mittem im Geschehen und sogar Teil davon zu sein. Eine extrem spannende Überlegung!

Man muss schon zugeben - Leica hat mit der Q-Reihe und ihrem festverbauten 28mm Objektiv wirklich eine tolle Idee gehabt.
Weniger als 28mm nutze ich eigentlich nur, wenn es aus Platzgründen nicht anders geht oder ich explizit nach der sehr weiteinkligen Bildwirkung suche. Wie ich zugeben muss, bleibt mein Fuji XF 16mm 1.4 leider recht oft in der Schublade und seit meinem Umstieg von Canon zu Fujifilm besitze ich sogar kein Objektiv mehr, dass weniger Brennweite hat.
Bianca und Hund Fly kuscheln auf dem Wohnzimmerteppich, aufgenommen mit der Fujifilm X-T4 und dem XF 33mm 1.4 (50mm äquivalent)
Bianca und Hund Fly kuscheln auf dem Wohnzimmerteppich, aufgenommen mit der Fujifilm X-T4 und dem XF 33mm 1.4 (50mm äquivalent)

50mm - und warum ich selten mehr benutze

Mit 50mm erreicht man eine Bildwirkung, die die Dinge besonders realistisch darstellt und als unheimlich "ehrlich" gilt. Die sehr geringe Verzeichnung im Nahbereich sind meinem Empfinden nach bei der nahen Portraitfotografie sogar ästhetisch und sorgen für gefühlte Nähe ohne unschöne Verzerrungen. Im Bereich der Street- und Reportagefotografie geben 50mm einem zudem die Möglichkeit, einen Schritt zurück zu machen und so zum neutralen Betrachter der Situation zu werden.

Mit 50mm habe ich lange gekämpft, wirken sie doch oft langweilig, da "normal". In letzter Zeit hat mich aber genau diese Tatsache immer mehr fasziniert und diese Brennweite zu meiner ersten Wahl bei Portraitsgemacht.
Mehr als 50mm nutze ich recht selten, da mir die tatsächliche Nähe zum Motiv/Model sowohl beim Fotografieren, als auch beim späteren Bild, fehlt.
Auch mein XF 90mm 2.0 liegt meist im Schrank und wird hauptsächlich nur für Ganzkörperportraits eingesetzt. Oder eben aus der Not heraus, wenn ich einfach nicht nah genug an mein Motiv herankomme.
Mit allem über 135mm kann ich kaum etwas anfangen. Die auf den Bildern zu merkende Distanz zum Motivführen dazu, dass ich bei den Bildern einfach nichts fühlen kann. Und geht es in der Fotografie nicht genau darum?
Morgenstimmung in der Toskana, aufgenommen mit der Fujifilm X100F und dem fest verbauten 23mm Objektiv (35 äquivalent)
Morgenstimmung in der Toskana, aufgenommen mit der Fujifilm X100F und dem fest verbauten 23mm Objektiv (35 äquivalent)

Mein Allrounder - 35mm

Ich habe es schon so oft betont und möchte es auch hier noch einmal in die Welt hinausposaunen:

ICH LIEBE 35mm!

Könnte ich nur eine Brennweite wählen - wäre es diese. Mit ihr könnte ich eine ganze Reise oder Hochzeit fotografieren und ist sie auf der Kamera, bringt sie meiner Fotografie eine unheimliche Flexibilität.

Dies spiegelt sich auch dadurch wieder, dass sie mehr oder weniger in der Mitte meines Lieblingsbrennweitenbereichs liegt. Ist der Platz da, kann ich mit wenigen Schritten nach hinten oder vorne sowohl den Bildausschnitt eines 28mm als auch den eines 50mm erhalten. Mein persönlicher Jackpot!

Und auch meine absolute Lieblingskamera, die Fujifilm X100V, hat ein fest verbautes 35mm Objektiv.

Aber diese Kamera hat mit Sicherheit einen eigenen Blogbeitrag verdient. Thema einer ganzen Podcastfolge war sie ja schon =) 

Ein Selbstporträt in einer Villa in der Toskana, aufgenommen mit der Fujifilm X100F und dem fest verbauten 23mm Objektiv (35mm äquivalent)
Ein Selbstporträt in einer Villa in der Toskana, aufgenommen mit der Fujifilm X100F und dem fest verbauten 23mm Objektiv (35mm äquivalent)

Willst Du mit dabei sein?

Es würde mir auf jeden Fall unheimlich viel Freude bringen, wenn Du mich auf meinem weiteren Weg begleitest. Sei es als Podcasthörer, als Blogleser oder im besten Fall natürlich beides.

Wenn Du mich unterstützen willst, empfehle mich gerne weiter. 

Falls Du sogar noch mehr tun willst, geht das hier:

Amazon

oder hier

Buymeacoffee

Ich wünsche Dir einen schönen Tag und hoffentlich bis bald, Dein Ben :)

 

Jetzt bist Du gefragt!

Was sind Deine Gedanken zum Thema Brennweiten? Welche Brennweiten nutzt Du am liebsten und warum? Wo liegt Dein sog. "Lieblingsbrennweitenbereich"?

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar, ich bin gespannt auf Deine Meinung!

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Flavia (Sonntag, 19 November 2023 16:44)

    Die persönliche Auswahl der KB-Vollformat-Brennweiten erübrigt sich durch den Trend der Anschaffung von Zoom-Objektiven, bei denen Brennweiten (unbewusst) übersprungen werden, so wie es gerade passt. Hier ist der Blick durch das Rohr eben nicht bewusst an bestimmte Brennweiten gekoppelt. Ein professionelles Fotografenauge bildet sich erst dann heraus, wenn diese lichtschluckenden Zooms ignoriert werden und die Auswahl von Festbrennweiten getroffen wird. Gehe ich durch die Stadt, einen Park, durch Wälder und lasse meine Kamera zu Hause, sehe ich sofort welche Brennweite sich für dieses oder jenes Motiv eignen würde.
    Festbrennweiten sind natürlich kostspieliger. Es ist wunderschön über eine bestimmte Auswahl (z.B. von 14mm bis 300mm) zu verfügen zu können. Dennoch versuchen die meisten Fan’s von Festbrennweiten so wenig wie möglich mitzuschleppen und treffen damit eine ganz bewusste-bestimmte Auswahl, die ihnen auf ihren Reisen ausreicht: 35mm und 85mm sind für persönlich die beiden unverzichtbaren Brennweiten! Sympathisch ist auch, wenn wir unser Equipment bewusst reduzieren. Wozu benötige ich von allem so viel? Und weniger ist mehr!

  • #2

    jens (Samstag, 13 Januar 2024 18:12)

    Hallo Flavia, ich bin ganz bei dir: ,,Und weniger ist mehr!``
    Auf Tour gehe ich mit einer von meinen 3 Festbrennweiten:
    ABS-C 23mm F1.4 - 35mm 2.0 + Samyang 75mm F1.8 X,
    dazu meine X-E4.
    Grüße aus dem Schwarzwald Jens.
    https://www.my-stories.eu

Copyright © 2024 Benedikt Brecht

Tel. 0162/4006438, benedikt.brecht@web.de